Der 28. November stellt mit der „Marburger b(u)y Night“ einen Höhepunkt
einer neoliberalen Stadtentwicklungspolitik dar und zeigt deutlich, dass
die Prioritäten dieser Politik bei der kommerziellen Vermarktung des
Stadtlebens und nicht bei den Bedürfnissen der Menschen liegen. Im
Rahmen dieser als kulturell propagierten Veranstaltung ist die Stadt
bereit große Zugeständnisse an die teilnehmenden Läden und
Gastronomiegewerbe zu machen, in Form von längeren Öffnungszeiten,
Investitionen in Infrastruktur und Öffentlichkeitsarbeit, bis hin zum
Bereitstellung von Raum, in diesem Fall nahezu der kompletten Innenstadt.
Dieser Raum ist exklusiv, das heißt, wer nicht Teil der
Konsumgesellschaft sein will hat dort keinen Platz. Es ist kein
öffentlicher oder kultureller Raum, kein Raum zum Diskutieren, kein
sozialer Raum. Es ist Raum für Profite, zum Kaufen, der Menschen als
Gäste und Kunden definiert.
Der angebliche Profit für „die Stadt“ liegt in der Außenwirkung.
Tatsächlich profitieren der Handel u. das Gastronomiegewerbe. „Die
Stadt“ besteht aber nicht aus Handel und Gewerbe, sie besteht aus
Menschen, die durch längere Öffnungszeiten und Lichtershows um ihre
dringenden Interessen betrogen werden. „Löst dieser Tag auch nur ein
Problem dieser Stadt? Schafft er bezahlbaren Wohnraum, schafft er einen
Dialog über bedürfnisgerechte Unterbringung und Versorgung – nein er
schafft einen künstlichen Ausnahmezustand im Interesse der Unternehmen“,
meint Karoline aus der Gruppe.
Und als genau solches verstehen die Verantwortlichen
die Stadt. Als Unternehmen, welches in ständiger Konkurrenz mit anderen
Städten steht, weshalb die Wettbewerbsfähigkeit mit Aktionen wie der
b(u)y Night sichergestellt werden soll.
Dass die Fokussierung auf einen angeblichen Wettbewerb keine Spekulation,
sondern tatsächlich auch das Selbstverständnis der städtischen
Planer*Innen darstellt zeigt sich, wenn diese die Situation einer
Standortkonkurrenz mit den Worten beschwören: „Um dabei zu
bestehen, muss sich unsere Stadt künftig noch stärker als attraktiver
Standort für Handel und Dienstleistungen, Wirtschaft und Wissenschaft,
Kultur, Sport und Tourismus profilieren.“, wie es im
Stadtmarketingkonzept Marburgs zu lesen ist.
Nicht willkommen sind in diesem Konzept Menschen mit niedrigen Einkommen
kaufunwillige oder Geflüchtete. Sondern wohlhabende Schichten, berühmte Persönlichkeiten
und noch mehr Unternehmen sind es, die die Stadt sucht, um noch mehr Profit zu
realisieren.
Willkommen ist auch nicht, wer sich nicht ins schicke Stadtbild fügt.
Was als schick gilt, wird wieder und wieder über sexistische
Werbeplakate und Veranstaltungen wie etwa dem Model Contest der Firma Ahrens
definiert. „Streng dich an, genau so auszusehen und komm dafür zum
shoppen in die Stadt – mit deinen Ideen und Sorgen bleib lieber weg. Das
ist der Zwang, den ein attraktives Stadtbild uns täglich ins Gesicht
schreit“, gibt Kim aus der Gruppe an.
Diese Politik ist eine Politik der Verdrängung, in der die Interessen und
Bedürfnisse der Menschen nur als Bühnenbild geduldet werden.Für keinen Menschen stellt es einen Mehrwert dar, seine Klamotten nachts
und im Schein der Lichtinstallationen kaufen zu können. „Die unzähligen
Arbeitsstunden des öffentlichen Dienstes in der Stadtverwaltung, im
Ordnungsamt und bei den Stadtwerken, die zur Planung und Durchführung
dieser Veranstaltung verbrannt werden sind ein Geschenk ans Gewerbe,
finanziert durch öffentliche Gelder und auf Kosten wichtigerer
Baustellen, wie beispielsweise die immer noch nicht nutzbare Wohnanlage
Richtsberg 88“ kommentiert Karmon von der Gruppe Recht auf Stadt.
„Wir werden uns diesem Ausverkauf des Stadtlebens in den Weg stellen und
dafür sorgen, dass die Frage, wem die Stadt gehört, nicht durch die
Interessen der Märkte, sondern von den Beziehungen zwischen den Menschen
beantwortet wird.“ kündigt Karoline der Gruppe (T)RAUMKLINIK – Für
ein Recht auf Stadt Marburg an.
Das nächste offene Treffen/Plenum der Gruppe findet am Sonntag, 23. November, um 20
Uhr im Bettenhauskeller „Rakete“ (Emil-Mannkopffstr. 6) statt. Hierzu sind alle Interessierten
herzlich eingeladen.